Ortsentwicklung
Über die Größe des Ortes im Mittelalter oder gar in noch früheren Zeiten können nur Vermutungen angestellt werden1).
In Mitteleuropa hatte sich die Bevölkerung seit dem 2. Jahrhundert kontinuierlich verringert, bis sie dann im 6. Jahrhundert ihren Tiefpunkt erreichte. Die damalige Bevölkerungsdichte wird auf zwei bis drei Einwohner pro qkm geschätzt (Deutschland heute 229 Einw./qkm).
Als Wasserleben irgendwann vor dem 4. Jahrhundert seinen Namen bekam (zu den Anfängen) dürften 30 bis 50 Personen im Ort gelebt haben, im 6. Jahrhundert nur noch 15 bis 20.
Aber dann ging es allmählich aufwärts und analog zur mittelalterlichen Bevölkerungsentwicklung in Deutschland wird die Einwohnerzahl um 1350 bei etwa 450 Personen gelegen haben. Wegen der Zuzüge in der Wüstungsperiode (zu den Wüstungen) könnte diese Zahl während der spätmittelalterlichen Agrarkrise bis 1500 konstant geblieben sein.
Verlässlichere Daten gibt es erst für die Frühe Neuzeit.
Allerdings erfassen diese älteren Statistiken lediglich die Hausväter, also die Haushaltsvorstände, und waren somit eher Familien- als Volkszählungen.
Doch Eduard Jacobs gelang es anhand dieser alten Erhebungen die Bevölkerungsentwicklung in den Dörfern der Grafschaft Wernigerode vom 16. bis zum 19. Jahrhundert zu berechnen; seine Ergebnisse hat er 1885 in der Zeitschrift des Harzvereins veröffentlicht2).
Und 1809 fand in Wasserleben endlich eine echte Volkszählung statt. Diese Volkszählung, die 1810 und 1811 wiederholt wurde, erfasste erstmals alle im Ort ansässigen Personen in einer nach Haushalten geordneten Liste und vermerkte Geschlecht, Alter, Herkunft und Stand bzw. Gewerbe3).
Unter Berücksichtigung der Berechnungen von Jacobs und des Bevölkerungsetats von 1809 sowie unter Einbeziehung weiterer Statistiken4) ergibt sich für die Bevölkerungsentwicklung Wasserlebens vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart folgendes Bild:
Deutlich lassen sich drei Entwicklungen aus dem Verlauf der Kurve ablesen: die bessere Gesundheitsvorsorge nach 1750, z.B. durch Pockenimpfungen, die Intensivierung und stärkere Marktorientierung der Landwirtschaft mit Eisenbahnanschluss und Zuckerfabrik in den 1870er Jahren und die Aufnahme von Vertriebenen nach 1945.
Die Zahlen insgesamt sind nicht atemberaubend aber für eine ländliche Gemeinde typisch.
H.-G. Krasberg, 2017
Quellen und Literatur
1) zur frühgeschichtlichen und frühmittelalterlichen Siedlungsentwicklung siehe insbesondere: Abel, Wilhelm: Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart, 1967 und Sicherl, Bernhard: Namenlose Stämme, Nordwestdeutschland am Vorabend der römischen Okkupation, in: Landesverband Lippe (Hrsg.): 2000 Jahre Varusschlacht, Mythos, Stuttgart, 2009
2) Jacobs, Eduard: Zur Bevölkerungskunde der stolbergischen Harzlande, in: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Alterthumskunde, 18. Jahrgang, 1885, S. 455-471
3) Landesarchiv Sachsen-Anhalt, MD, H 9-2, 60, Fach 8, Nr. 5, Bevölkerungsetat 1809
4) Petzold, E. H.: Gemeinde- u. Ortslexikon des Deutschen Reichs, 2. Bd., L-Z, Bischofswerda, 1904
Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 550, Amtl. Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich auf Grund der Volkszählung von 1939, 2. verb. Aufl., Berlin, 1944
Deutsche Wirtschaftskommission für die sowjetische Besatzungszone, Statistisches Zentralamt (Hrsg.): Volks- und Berufszählung vom 29.10.1946 in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, Amtl. Gemeindeverzeichnis, Berlin, 1948
Staatliche Zentralverwaltung für Statistik, Zentrales Zählbüro (Hrsg.): Verzeichnis der Gemeinden und Ortsteile der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Schriftenreihe Volks- und Berufszählung 1964, Band 2
Adomeit, Heinz: Ortslexikon der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, 1974
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